hexenworte

Traditionen, Geschichten und Wissen eines alten Weges

Vom Aberglauben der Walpurgisnacht


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Sobald das Wort *Walpurgisnacht * fällt, haben viele unserer  Mitmenschen  gleich ein ganz  bestimmtes Bild im Kopf. Horden von Hexen, die zum Brocken/Blocksberg fliegen und mit irrem Gebaren, kreischend und geifernd auf ihren Fluggeräten im Kreis um riesige Feuer sausen. Die meisten  Walpurgisnachtfeste, die heutzutage veranstaltet werden, haben für mich eher einen allgemeinen Volksfestcharakter;  auf denen sich viele Partyfreudige als möglichst gruselige Hexe o.ä. verkleiden um dann den schnell vorher gekauften Besen zu schwingen.Und haben mit uns Hexen so gar nichts zu tun.  Doch was ist die Walpurgisnacht wirklich und wieso müssen die Hexen dann  angeblich zum Hexensabbat  fliegen? Wobei das Wort Hexen- Sabbat  für mich schon allein nicht stimmig ist, aber das ist ein anderes Thema.

Bekannt ist (vielen jedenfalls),  das die Walpurgisnacht zu Ehren der heiligen Walburga in der Nacht vom 30. April zum 1. Mai stattfindet. Wer die heilige Walburga* gewesen sein soll und welche wundersamen Fähigkeiten ihr  von Kirche und Volk angedichtet wurden, ist vielleicht einigen bekannt und ich möchte hier nicht weiter darauf eingehen (mehr darüber ist in  Büchern und den Weiten des Internet nachzulesen). Ich frage mich persönlich,  was eigentlich eine ‚heilig‘-gesprochene Äbtissin mit einem ekstatischen Fruchtbarkeitsfest und der Sommeranfangsfeier  zu tun haben soll. Zur wirklichen Bedeutung gibt es vielfältige Überlieferungen, je nach  Glaube bzw. Religion. Und auch  hier besteht wie in den meisten Fällen vermutlich eher ein Zusammenhang mit dem Brauchtum alter heidnischer Feste ( wie in diesem Fall Beltane oder die Maivollmondinnacht ).

Doch ist Walpurgisnacht immer noch am stärksten mit dem Mythos vom Ritt der Hexen  zum Brocken (im Harz) oder zum Blocksberg** verbunden. Dies ist  im allgemeinen Aberglauben  seit langem verwurzelt, geht aber wahrscheinlich nicht so weit zurück, wie mancher vielleicht annehmen mag. Einigen älteren Quellen zufolge gibt es vermutlich eine Verbindung dieses  Aberglaubens in die Zeit Karls des Großen und seiner brutalen  Zwangschristanisierung  heidnischer  Volksstämme, wie zum Beispiel der Sachsen. In  dieser Zeit (Karls des Großen) lebte auch  die hl.  Äbtissin Walburga.

Einige der christianisierten Volksstämme (wie eben auch  die Sachsen), heißt es, feierten weiterhin  unter dem Deckmantel des christlichen Glaubens  ihre heidnischen Götter und Feste  zur  Begrüssung der fruchtbaren und warmen Jahreszeit. Mit Masken und anderen Verkleidungen (um  z.B. die letzten Wintergeister zu verjagen) sollen sie in abgelegene Wälder oder  auch auf den für damalige Zeiten fast unzugänglichen Brocken gezogen sein, um dort unbeobachtet ihren Riten und Gebräuchen nachzukommen. Bei der mittlerweile überwiegend christlichen Mitbevölkerung, die so etwas gesehen hat,  muss solch ein nächtlicher Umzug einen sehr dämonischen Eindruck hinterlassen haben. Und so verbreiteten sich vermutlich auch die Erzählungen von den sogenannten  Larven ****, den  wilden Gestalten  und natürlich den fliegenden Hexen, die in der Nacht zu Walpurgis  zum Blocksberg zogen.
Auch Goethes „Walpurgisnacht“*** hat diesen Aberglauben des Hexenrittes auf den Brocken sicher unvergesslich gemacht.

Und wie es oft so ist mit Traditionen und Brauchtümern, die ins Räderwerk der christlichen Propagandamaschinerie geraten, wurden im Laufe der Zeit aus den heidnischen,  wilden,  fröhlichen Feiern und Umzügen ein „teuflisches“ Fest. Diesen Festen waren angeblich  ganz besonders die Frauen zugetan, da sie am leichtesten zu verführen gewesen sein sollten. So jedenfalls war die damalige Ansicht der christlichen Bevölkerung, welche sich in einigen Gegenden tatsächlich sehr lange gehalten hat. Im weiteren Verlauf der Zeit wurde einer der  Hauptinhalte  der Walpurgisnacht dann schließlich die Abwehr und das Vertreiben der ‚bösen‘ Hexen.
Aber es gibt noch vieles an  Brauchtum und besonders  auch an  Aberglauben  in der Nacht zu Walpurgis, das mit Sicherheit einige  seiner Wurzeln in den heidnischen Fruchtbarkeitsbräuchen hat. Diese beiden gegensätzlichen Aspekte der Walpurgisnacht-Feiern auseinanderzuhalten fällt mitunter schwer und ich möchte dies im Folgenden dem Leser selbst überlassen.

Der Aberglaube besagt also,  dass Hexen in der Walpurgisnacht zum Brocken oder einen anderen Blogsberg fliegen. Aber auch unter Linden, Eichen oder auf abgelegenen Waldwiesen, sollten sich die Hexen versammelt haben. Meistens seien sie auf Besen, Ofen oder Heugabeln, aber auch auf dreibeinigen Schemeln, Kochlöffeln und sogar Strohhalmen geritten. In Butterfässern fliegend und sogar auf Elsterschwänzen, schwarzen Katzen oder Ziegen reitend. Mit offenen wehenden Haar und meistens natürlich nackt (warum auch immer) könnten  sie auch  in Wagen fliegen, die von  Gänsen, Böcken oder Flöhen  durch die Luft gezogen wurden.
In dieser Nacht schwärmen sie dann so auf ihren Flugutensilien umher, um überall Schaden anzurichten. Daher wurden sorgfältig Fenster und Türen verschlossen und  Haus und Hof  wurden mit einem Zauberbann versehen.10178036_626772160742366_4466290309000644581_n

Am bekanntesten sind außer diesem Hexenflug die großen und kleinen Feuer,  ähnlich wie  die Osterfeuer oder die Sommersonnenwendfeuer. In der Nacht zu Walpurgis fand in einigen Gebieten  das sogenannte Ausbrennen der Hexen statt. Bei lautem Getöse von Schellen, Glocken, Pfannen und ähnlichem wurden  Reisigbündel aus Kien, Schlehdorn, Schierling, Rosmarin u.v.m.  auf einen langen Holzstock gebunden und angezündet. Damit lief man dann durchs Dorf   um das Vieh und die Bewohner  vor den zum Brocken fliegenden (bösen) Hexen und anderen Unholden zu schützen. Auch Besen wurden dazu  angezündet. Das in der Walpurgisnacht gezündete Feuer besaß eine ganz besondere Zauberkraft  und sollte vor allem Schaden bewahren.

Auch wir Hexen nutzen  gerne die Zauberkraft des gezündeten  Feuers, ob nun in der Walpurgisnacht oder zur Maivollmondin(Beltane/Beltaine ). Für uns (oder vielen von uns ) hat es eine ganz besondere magische Kraft. Es ist Licht für die Geister und Ahnen, für Erneuerung und dient als Unterstützung beim Weben von Magie.Die_Gartenlaube_(1888)_b_393 von W.Gause

In der Walpurgisnacht wurden auf Hügeln nicht nur  Feuer,  Besen oder Fackeln entzündet, sondern dazu auch noch in die Luft geschossen um die fliegenden Hexen vom Besen zu holen. Es wurde  durch  Dornenhecken wie Schlehdorn und Weißdorn  geschossen um  die Hexen  dort zu vertreiben . Man glaubte das  sie sich auf dem Flug zum Blocksberg auf diesen Hecken ausruhen würden. Dornenhecken wie Schlehdorn und  Weißdorn u.v.m.  wurden schon seit langer Zeit von Hexen oder Hagazussen als magische Pflanzen angesehen (und werden es heute noch). Eben jene Dornenhecken waren immer die Grenze zur Anderswelt, die Verbindung zu den Ahnen und Geistern.

Das in die Luft Schießen und die Feuer sollten nebenbei auch helfen, dass der Blitz nicht ins Haus oder Stallungen einschlägt.

In manchen Gegenden versammelten sich bei Sonnenuntergang die jungen Männer des Ortes  auf einer kleinen Anhöhe, oder auch an Kreuzwegen und liefen bis Mitternacht mit Peitschen im Takte kreuzweise knallend durch das ganze Dorf und wieder zurück. Und soweit dieses Peitschen hallte, soweit sollte auch jede Hexe im Umkreis machtlos sein . Vor Häusern in denen  man eine Hexe  vermutete, wurde besonders laut und kräftig gepeitscht, da man glaubte (oder hoffte) die armen Hexen würden jeden einzelnen Peitschenhieb am eigenen Leibe spüren.

Vielleicht liegt aber auch hier ein älterer, nicht konkret gegen Hexen gerichteter Brauch zugrunde, nämlich das Austreiben der allerletzten Wintergeister, um die Fruchtbarkeit von Vieh, Mensch, der Felder und Obstbäume anzukurbeln und um alles vor Schaden zu bewahren.

Ein weiterer, wahrscheinlich noch weniger bekannter Aberglaube ist folgender: Sieht man an Walpurgis eine Kröte, so soll man sie anstechen und räuchern, um sie anschließend in den Stall oder die Stube zu hängen. So könne dann niemand verhext werden. (Armes Krötlein). Der  Volksglaube war  der Meinung, dass Hexen sich in Kröten verwandeln können; und  besonders gefährlich sei es, wenn eine Kröte am Wegesrand in  die Richtung der Vorbeigehenden schaue. Es  hieß,  die Hexe würde diejenigen mit einem  Zauber belegen oder vom „rechten Wege“ abbringen.

Kröten sind für uns Hexen  magische Begleiter, wie viele andere Tiere. Sie symbolisieren  u.a. die Mutter Erde und ihre Fruchtbarkeit. Gestaltwandlung ist und war ein mit Sicherheit eher selten auftretendes Talent.

Wer das Ei einer schwarzen Henne bei sich trägt, soll in der Walpurgisnacht die Hexen auf ihren Tanzplätzen sehen können. Oder wer den neunmal geweihten Zweig einer Pimpernuss (auch Klappernuss,Staphylea pinnata) in der Kirche bei sich trägt, könne die Hexen an ihrem Pferdefuß erkennen… (was sind wir Hexen doch für außergewöhnliche tolle Geschöpfe).

Auch hier erkennt man die alten heidnischen Hintergründe des Aberglaubens, wie der neunmal geweihte Zweig oder das Ei einer Henne. Hier versteckten  sich  magische Dinge, die auf die Fruchtbarkeit und den Schutz des entstehenden Lebens von Mutter Natur hindeuten.

Einige dieser alten Bräuche haben sich mehr oder weniger  bis in unsere Zeit erhalten. Viele wurden unter dem Deckmantel des christlichen Glaubens weitergeführt und vermutlich unter den strengen Augen der Kirche nur etwas *gesitteter* ausgelebt.

Für mich ist die Walpurgisnacht jedenfalls kein wirkliches Fest für  Hexen. Die eigentliche Bedeutung ist  mit der Walpurgisnacht doch weitestgehend verloren gegangen. Es bleibt  nur der Mythos  um das böse, häßliche Hexen-Weib, welches  mit dem Teufel im Bunde steht und diese Verunglimpfung wird Jahr für Jahr aufs Neue bekräftigt.

Und häßlich oder bösartig waren und  sind wir Hexen doch nun wirklich nicht!

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Quellen:

Foto1  Walpurgisnacht Franz Xaver Simm 1899
Foto3 Die_Gartenlaube_(1888) von W.Gause
Foto 2&4 Urheber unbekannt

*Hl. Walpurga einfach mal bei Wikipedia nachlesen.
**https://de.wikipedia.org/wiki/Blocksberg_%28Berg%29
***Walpurgisnacht von Goethe : http://gutenberg.spiegel.de/buch/-3664/24

**** larve, f. , aus dem lat. larva übernommen.
1) Gespenst, schreckgestalt.
2) Kopie, Darstellung einer solchen schreckgestalt um der Unterhaltung willen: larfen machen, larvare.  Gewöhnlicher aber nur Gesichtsmaske..(Wörterbuch des J.Grimm)

Interessant auch : http://www.zvab.com/antiquarische-buecher/walpurgisnacht-literatur.shtml
Oh Göttin: https://artedeablog.wordpress.com/2015/04/30/die-walpurgis-nacht-gibts-nicht/
Mehr über das heidnische Fest Beltane auch nachzulesen hier auf Hexenworte“Die Hohe-Zeit Beltane

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Ein Kommentar zu “Vom Aberglauben der Walpurgisnacht

  1. veledalantia
    17. April 2016

    Genial geworden Sis

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