Das Beschreien oder auch Berufen ist eine alte Form der Magie.
Das Beschreien, das Berufen und der böse Blick (die bekannteste Form des Verzauberns) sind also als Schadens- oder Bosheitszauber im Gedächtnis der Menschen hängen geblieben. Die tiefe Furcht vor diesen Zauberformen war quer durch alle Schichten der Gesellschaft verbreitet.
Mit Schreien hat das ‚Beschreien‘ nicht viel zu tun und es wäre wohl auch ein wenig merkwürdig (und sehr auffällig), wenn da plötzlich eine Hexe eine andere Person lauthals anschriee. Diese teils auch ‚Berufen‘ (auch bekannt unter Verrufen) genannte Praxis kann auf vielerlei Weise geschehen, meist ohne dass die zu verhexende(n) Person(en) das vollständig mitbekommen. Sie wurde sowohl zum Heilen, als auch zum Schaden genutzt. Oft wurde durch leises Murmeln von Versen oder anderen Zaubersprüchen die Person oder falls gewünscht, das Vieh beschrien.
Aber auch durch einfaches Handauflegen konnte das Beschreien wirken, wie z.B. auf den Kopf, am Arm, der Schulter, oder je nachdem, welche Stelle des Körpers verhext oder geheilt werden sollte . In alter Zeit glaubte das Volk gern, so besonders hartnäckige und langwierige Krankheiten behandeln zu können. Man ging davon aus, dass solche schwierigen Fälle schlichtweg Werke des Teufels seien, oder wenigstens von bösen Geistern. Und natürlich sollten auch hier wieder die Hexen ihre Finger im Spiel gehabt haben.
Das *boshafte Beschreien* richtetete besonders viel Unheil an. Diese Form ist in der Durchführung dem o.g. Heilbesprechen sehr ähnlich, nur das hier eben eine Krankheit oder ein Gebrechen angehext werden sollte.
Das bekannteste und wirksamste Zaubermittel bleibt aber das Berühren oder Handauflegen, im guten, wie im schlechten Sinne. So wurde beim Verhexen vorzugsweise zur abnehmender Mondin mit der Hand über das gewünschte Körperteil gestrichen und dann ein Spruch rezitiert, wie z.B. :
( in abgeänderter Form geschrieben)
„Dies tue ich für Haar und Haut.
Für Fleisch und Blut, Adern, Mark und Bein.
Ich deck es zu mit meiner Hand und überstreiche es,
auf dass es lahmt.“
Dieser Zauber musste jeweils 3x hintereinander aufgesagt und an 3 aufeinanderfolgenden Tagen wiederholt werden.
Es gab noch weitere Möglichkeiten, jemandem etwas anzuhexen:
Das Verbeten, welches (passenderweise) an den christlichen Aberglauben gebunden war. Dies erfolgte meistens in einer Kirche in der Nähe des Altares oder besser noch dahinter, wo dann teils Verse und teils Fluchpsalme an drei Sonntagen hintereinander aufgesagt wurden. Der Fluchpsalm ist ein ins negative umgedrehter oder sogar rückwärts aufgesagter Psalm, der unter Einbezug des Namens der zu verhexenden Person ausgesprochen wurde.
Damit sollte ein Dahinsiechen des ausgewählten armen Menschleins, gern bis zu dessen Tod, gewährleistet werden.
Eine andere Art des Verzaubern war es, durch die Verwendung von Kleidungstücken (derer man sich ja erst einmal bemächtigen musste) eine Krankheit anzuhexen. Hierdurch sollte die Person Gliederreißen oder andere gemeine Krankheiten bekommen, so daß sie weder am Tag, noch in der Nacht Ruhe finden würde. Dies wurde solange ausgeführt, bis das Opfer entweder sein Leben ausgehaucht hatte, oder eben derjenige, der diesen Zauber angewendet hatte meinte, es sei genug gelitten.
Wenn an keine Kleidung zu kommen war, wurden die Wege des Opfers nach Fußspuren abgesucht und diese gegebenenfalls samt umliegender Erde herausgeschnitten und danach unter allerlei Beschwörungsformeln begraben, oder gar in den Kaminrauch gehängt, auf dass die Zielperson dann erkranke. Oder schlimmstenfalls auch still und leise ihr baldiges Ende fände. Doch muss eine Verhexung nicht zwangsläufig immer den Lebensfaden abschneiden, oft reichten auch einfach paar Missgeschicke, wie zum Beispiel krankes Vieh oder der Ausfall der Ernte.
Haare und Blut waren (und sind es heute noch) sehr beliebte und auch mächtige Mittel für das Verzaubern. Am Besten waren natürlich die Haare der Person, auf die der Fluch (oder ein anderer Schaden) verhängt werden sollte. Doch auch die Haare von (schwarzen) Katzen oder vom Zauberndem selbst sollten dafür geeignet sein.
Man warf die verhexten Haare entweder der betreffenden Person hinterher, oder auf deren Türschwelle, oder vergrub sie darunter, sodass derjenige immer wieder hinüber laufen musste. Auch wurden die Haare (oder was man sonst so für geeignet hielt) in die Erde eines Kreuzweges eingegraben, von dem man sicher war, dass das Opfer ihn täglich kreuzen würde.
Eine weitere Form des Beschreiens oder Verhexens war das Beschütten.
Wie der Name es schon sagt, wurde ein Pulvergemisch und auch Flüssigkeiten vor, oder auf die zu verhexende Person (respektive das Vieh ) geschüttet.
Das Pulver wurde (laut Aberglauben) aus der Asche verbrannter Haut von getrockneten Kröten und Schlangen hergestellt, sowie aus Kräutern und anderen Dingen, wie etwa einer geraubten Hostie (also eine in der Kirche geklaute Oblate). Dies wurde dann auf die nichtsahnende Person geschüttet und sollte zu einem schmerzhaften Ausschlag an deren Händen, Füssen oder Gesicht führen. (Bei den damals herrschenden Hygienestandards war es wohl egal, womit man das Opfer ‚beschüttet‘; Ausschlag und Hautreizungen waren da fast zwangsläufig die Folge)
Aber auch alltägliche Dinge wurden zum Beschütten genutzt . Das Abwaschwasser eines Hauses konnte zum Verzaubern des Viehs genommen werden. Man kochte flugs eine arme Kröte darin und gab es dann dem zu schädigendem Vieh zu saufen, welches daraufhin krank wurde und/oder keine Milch mehr gab.
Auch Urin von Tieren oder Menschen wurde bezaubert und der Person, auf die der Zauber wirken sollte, unter Aufsagen bestimmter Formeln oder Sprüche vor die Türschwelle geschüttet oder darunter vergraben . Am bekanntesten sind hier die Hexenflaschen *oder Witchbottles, die bspw. vor einigen Jahren in England bei Bauarbeiten unter einer Türschwelle gefunden wurden. Sie dienten vermutlich größtenteils dem Verhexen, aber sicherlich genauso zum Schutz vor dem Verhextwerden. Das liegt aber sicher im Auge des Betrachters .
Natürlich gab es einiges, um dem Beschreien, Berufen und Verhexen, entgegenzuwirken… und wird sicher auch heute noch durchgeführt.
Das erste, das mir da in den Sinn kommt, ist das Umdrehen (also auf links drehen) von Kleidungsstücken, wie Hemd, Socken oder das Nachthemd. Meine Großmutter sagte immer: ‚Zieh das Nachthemd verkehrt herum an, so kann die Hex dir nix !‘ (Als ob ich Hexe je Angst vor einer anderen Hexe gehabt hätte.)
Am meisten fürchtete das Landvolk aber das Verhexen oder Beschreien des Viehs und deren Milch oder gar der neugeborenen Kinder, denn diese vermutete man als am anfälligsten dafür.
Daher entwickelten die Ammen und auch die Mütter der Kinder oft ihre ganz eigenen Methoden. Es gibt Überlieferungen alter Brauchtümer, mit deren Hilfe man die Verhexung erkennen und anschließend beseitigen konnte.
Um zu erkennen ob ein Kind beschrieen wurde, leckte die Amme bzw. Mutter an der Stirn des Kindes. Schmeckte es salzig (was wohl leider öfters der Fall war), so glaubte man, das arme Ding war verhext. Um dem entgegenzuwirken wurde der Kehricht aus allen 4 Ecken der Stube zusammengekehrt , dann etwas Holz von den 4 Ecken eines Stubentisches abgeschabt und alles zusammen mit 9erlei Holz ** verräuchert.
Ein Kind, das zur Taufe gebracht wurde, erachtete man als besonders anfällig für Verhexungen. Deshalb wurde ihm auch hier wieder 9erlei Kräuter (wie Baldrian, Knoblauch Teufelsdreck und Kreuzkümmel usw.) in sein Taufkleidchen gesteckt, auch etwas Brot und Salz (denn das mögen wir Hexen angeblich nicht) und etwas aus Eisen, sowie etwas Geld . Dies ließ man stillschweigend in der Kirche mitsegnen… und so würde das Kind dann nie verhext werden können.
Warum Hexen Brot, Salz, Kräuter oder Geld verabscheuen sollten (gesegnet oder nicht) bleibt rätselhaft.
Auch wer Knoblauch mit sich herumtrug, glaubte sich vor dem Beschreien oder auch dem bösen Blick geschützt. Der Knoblauch ist im Allgemeinen ohnehin ein Zauber-Allroundgewächs, denn nicht nur das Volk nutzte es zum Schutze, auch Hexen und andere magisch wirkende Menschen nutzten es um Schadenszauber abzuhalten. Ungemein gesund ist er ja auch noch nebenbei.
Eine andere Methode um zu sehen ob jemand beschrien wurde war es, Frauenflachs oder Rufkraut ( hier ist das Berufkraut oder das Beschreikraut gemeint***) in Wasser zu kochen und den vermeintlich Beschrieenen bzw. den/die Kranke/n darin zu baden. Das Wasser hierzu musste natürlich vor Sonnenaufgang stillschweigend geholt werden und es durfte nicht gegen den Strom aus einem Fluss oder Bach geschöpft werden.
Anschließend nun wurde das Wasser hinter das Bett gestellt. Sollte der Badesud dann zusammenlaufen, war derjenige beschrien worden.
Und wenn es nun das Vieh erwischt hatte, gab der kluge Bauer diesem unter anderem Knoblauch, Pappelkraut, Wegebreit (vermutlich Breitwegerich ), Anis, Fenchel, Sadebaum usw., mit etwas Holzasche gemischt zu fressen. Falls das nicht half , ließ er das betroffene Vieh in einen Topf urinieren (ohne auch nur einen Tropfen zu verlieren!) und rührte die Suppe mit einem alten Besen ordentlich um. Dann wurde der Topf samt Inhalt und dem Besen ins Feuer gegossen, bzw. geworfen. Dies sollte bewirken, dass die Hexe die die Beschreiung durchgeführt hatte, die Krankheit zurückbekommt. Wirkte dies alles nicht, so wurde entweder die Dorfälteste oder ein Hexenmeister gerufen. Durch Aufmalen von Drudenfüssen*** und anderen magischen Zeichen an Türschwellen und den 4 Stallwänden konnte nun die Verhexung aufgespürt werden. Und wenn das Vieh dann immernoch einen verhexten Eindruck machte, so wurde der Priester (oder Pfarrer) hinzugerufen, der dann vorgab, all das Übel vom Hof beten zu können.
Heutzuage sitzt der Aberglaube ja nicht mehr ganz so tief und wenn das Vieh mal keine Milch geben will oder sich sonst auffällig verhält, so rufen wir eher nach dem Doktor als nach dem Pfaffen.
Dennoch: die Weisheiten über die Kräuter, ob zum Heilen oder gegen Schadenszauber – und all die kleinen magischen Brauchtümer zur Stärkung der positiven und Abwehr der negativen Energien (wie dem neidischen Nachbarn oder den geschwätzigen Kollegen), sollten nicht nur nicht vergessen, sondern ruhig ab und zu auch mal ausprobiert werden. Und manchmal wirkt dann alles zusammen sogar erstaunlich gut.
Denn die Magie lebt mit uns und in uns, das sollten wir gerade in der heutigen Zeit nicht vergessen.
Quellen:
Auszug aus dem Handbuch des deutschen Aberglaubens.
Link über Witchbottles;
Link über 9erlei Hölzer;
** http://www.celticgarden.de/2014/02/der-aberglaube-von-den-neunerlei-hoelzern/
Beruf-und Beschreikräuter
http://heilkraeuter.de/lexikon/einjaehriges-berufkraut.htm
https://de.wikipedia.org/wiki/Scharfes_Berufkraut
und noch mehr Beschreikräuter:
http://www.celticgarden.de/tag/beschreikraut/
*** Link über die Drude und Drudenfuss:
http://de.academic.ru/dic.nsf/dewiki/354814
http://de.academic.ru/dic.nsf/konversations_lexikon/18328/Drudenfu%C3%9F
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Hallo, mir kam ein Gedanke, als ich las das Hexen im Volksglauben z.b. kein Brot mögen . Ich habe in einer lokalen Sagensammlung gelesen ( „Sagen, Märchen und Lieder aus dem Herzogtümern Schleswig, Holstein und Lauenburg „von Müllenhoff) das der Elben/Alben glaube in Laufe der Zeit gleichgesetzt wurde mit den Wort mit den der Hexe. Wen also deine Großmutter meinte man könne sich vor Hexenzauber schützen in dem man seine Kleidung verkehrt herum trägt meinte man damit wahrscheinlich ursprünglich die (Nacht-) Alben. In diesem Sinne solche Sagen zu lesen finne ich persönlich sehr erhellend, ich hoffe für dich mag dies vielleicht auch so sein. 🙂