Magie, Kräuter und Hexen (oder weise Frauen) gehören schon seit Jahrtausenden zusammen und es oblag oft den Frauen, sich mit der Heilkraft von Kräutern und anderen Pflanzen zu befassen. So sammelten sie schon immer Wurzeln, Beeren, Blüten, Blätter und Stängel, studierten deren Wirkung und Heilkräfte und zauberten nicht selten auch mit ihnen.
Doch im Laufe der Zeit und mit zunehmender ‚Aufklärung‘ wurden die Wissenden dann mehr und mehr von den (meist männlichen) Ärzten verdrängt. Frauen sollten sich im Allgemeinen doch um Heim und Kind kümmern, unwissend bleiben und möglichst gar nicht heilend arbeiten. Altes Wissen um Heilkraft und Magie wurde zu teuflischem Hexenwerk erklärt, denn das geheime Wissen, welches seit vielen Generationen weiter getragen wurde, machte vielleicht vielen auch eine Riesenangst…
Einiges von diesem Wissen über die Zauber- und Heilkraft von Pflanzen ist noch mehr oder weniger vorhanden, vieles verbirgt sich in Märchen, Legenden und anderen Geschichten. Heil- und Zauberpflanzen wachsen auch heute noch in den Gärten von Kräuterfrauen und Hexen (natürlich auch in anderen Gärten) und die Pflanzenwelt ist im Bereich der Magie reich vertreten.
So werden diese Pflanzen zu ganz bestimmten Zeiten, Tagen und in einer bestimmten Anzahl (ungerade Zahlen sind hier gemeint) gesammelt, damit sie in der Magie ihre ganz eigene Zauberkraft entfalten können. Ein Beispiel ist der Strauß aus mindestens neunerlei Kräutern, der sogenannte Frauendreißiger
Die Zeit zwischen dem 15. August (Mariä Himmelfahrt) und dem 8. September (Mariä Geburt) wurde der ‚Frauendreißiger‘ genannt und galt seit jeher als besonders günstige Zeit zum Kräutersammeln. Diese Zeit beginnt mit der Weihe eines Kräuterbüschels in der Kirche am 15. August. Dass es sich hier um ein bewusst magisches Ritual handelt, darauf deutet die genau vorgeschriebene Anzahl der Kräuter. Der Büschel durfte nur 9, 15, 77 oder 99 Kräuter beinhalten. Dies sind alte magische Zauberzahlen, deren rituelle Verwendung sich bis in babylonische und assyrische Zeit zurückverfolgen lässt.
(v. Susanne Fischer-Rizzi ‚Medizin der Erde‘, 1999 im Heyne-Verlag erschienen)
Dieser recht große Kräuterstrauß wurde nicht nur als Vorrat zum Heilen für die Winterzeit gesammelt, er wurde durch die Zahl (ob nun 9, 15 , 77 oder 99 verschiedene Kräuter) gleichzeitig auch zu einem Zauberstrauß. Es ist auffällig, dass es sich hierbei vorwiegend um alte Zauberpflanzen handelt, viele, die seit Jahrhunderten zum Wettermachen oder für Schutzzauber verwendet wurden.
Ein kleiner Auszug der zauber- und heilkräftigen Kräuter aus diesem Strauß, der nach Region und Tradition variiert:
Odinskopf (echter Alant), Beifuss , Johanniskraut, Wermut, Labkraut, Frauenmantel, Kamille, Holunder, Rainfarn, Königskerze ,Sauerklee, Holunder, Schlüsselblume, Getreideähren usw.
Die Pflanzen müssen stillschweigend vor Sonnenaufgang gesammelt werden, dadurch erhalten sie ihre Heil- und vor allem ihre Zauberkraft. Eingesetzt wurden sie auch, um gegen das Beschreien oder Verhexen und gegen den bösen Blick zu schützen. Aber solche Zauberkräuter wurden schon von unseren heidnischen Ahnen u.a. gegen Gewitter und Blitzeinschlag eingesetzt. Sie wurden (und werden in manchen Regionen heute noch) in den Stuben und Stallungen aufgehängt , auf den Fussboden gestreut oder zu Pulver zerstossen und dem Vieh als Mittel gegen Viehseuchen ins Futter gemengt .
Besonders interessant sind all die vielen Märchen, Sagen und Legenden, die von Zauberkräutern wie Rübenmenschlein, Rosenkindern, roten Männlein oder unterirdischen Zauberkammern mit geheimnisvollen Gestalten handeln.
Oft geht es hierbei aber um Pflanzen , Früchte und auch Pilze mit ganz besonderen Eigenschaften oder Aussehen. Zum Beispiel die Nachtschattengewächse, wie die Alraune (Mandragora), das Tollkraut (Bilsenkraut) und die Tollkische (Belladonna). Pflanzen und Kräuter mit besonders auffälligen Farben, wie der blaue Eisenhut, das Johanniskraut oder solche, die nur zu bestimmten Tages- oder Nachtzeiten einmal kurz aufblühen, wie das Farnkraut und der Stechapfel. Auch Pilze wie der allseits bekannte Fliegenpilz, ein uralter Wegbegleiter der Schamanen und Hexen, und Rüben, wie die Zaunrübe (auch Hexenrübe oder wilde Rübe). All diese Pflanzen kommen immer wieder in Sagen, Legenden oder Märchen vor.
So zum Beispiel die Sage von Rübezahl, der sowohl ein großer Zauberer oder Hexenmeister war, als auch ein Kobold, Berggeist und Wächter über die Berge und alten Wälder.
Der Legende nach besaß er große Zauberkräfte und konnte seine Erscheinung nach Belieben wechseln. Mal erschien er als schöner Jüngling, dann wieder als ein alter Mann. In den Höhlen seiner Berge und Wälder bewahrte er viele Rüben und Knollen auf, die die magischen Schlüssel zur Begegnung mit Mächten wie Erdgeistern, Wald- oder Berggeistern waren. Rübezahl konnte diese durch einen Zauber in ein menschliches Volk verwandeln, das schön und makellos anzusehen war. Aber leider konnte er das schnelle Altern des Volkes nicht aufhalten und so sahen sie jedesmal schon nach ein paar Nächten alt und schrumpelig aus. Auch wenn er ein großer Zauberer war, den Lauf der Natur konnte nicht einmal er ändern….
Das Aussehen von Rüben und Wurzeln hatte schon immer etwas Zauberhaftes, Magisches an sich. Wohl auch deshalb, weil ihr Wuchs oft an menschliche Formen erinnert. Wir graben tief in der dunklen Erde um diese Geschöpfe für unsere Magie an das Tages- oder Mondinlicht zu holen, was ja sinnbildlich einer kleinen Geburt nahekommt. Knollen mit ausgeprägt menschlicher Erscheinungsform dienen oft der Verzauberung, ob nun als Schadensmagie (wie z.B. Alraunen zum Puppenzauber genommen werden) oder auch als Schutzmagie (Wurzelamulett) am Körper getragen, um vor Krankheiten zu schützen.
Manche Wurzeln dienen der Aufdeckung von Schätzen, in geheimen unterirdischen Höhlen oder können genutzt werden, um verborgene Tore zu öffnen. Weißwurz* oder Springwurz, auch Salomonssiegel genannt, soll als Amulett getragen Glück und Wohlstand bringen. Nach alten Legenden soll der Springwurz auch verborgene Schätze und Türen öffnen können, was man wie so vieles andere auch sinnbildlich sehen sollte. So wurde er im Altertum schwer gebärenden Frauen auf den Unterleib gebunden, damit er den Leib jener öffne… Und weil in jeden Aberglauben oder in Legenden immer ein Körnchen Wahrheit steckt, wurde diese Wurzel auch in der Frauenheilkunde verwendet.
Aber auch besonders auffällige Pflanzen finden sich in Märchen und Legenden wieder, wie z.B. der blaue Eisenhut (Aconitum napellus)** . Im Volksmund wurde er Totenblume, Teufels- oder Höllenkraut, Blaumützen, blaue Pantoffel, Blaubukse und Blau Hopplan genannt. Er ist eine der giftigsten Pflanzen Europas, neben dem gefleckten Schierling.
Und seine Giftigkeit ist vielen Völkern seit der Antike (und sicher noch darüber hinaus) bekannt . Ein bayrischer Chronist aus der Renaissance namens Aventinus war überzeugt, dass Kräuter die das Wort Eisen beinhalten, womöglich auf eine vorgeschichtliche Göttin und weise Frau namens „Eysen“ # zurückzuführen ist. Sie sei die Schöpferin der Schmiedekunst und des Ackerbaus gewesen . Im antiken Ägypten war der Eisenhut der großen Göttin Isis geweiht. Im Mittelmeerraum der Antike war und ist er der Göttin Hekate geweiht. Sie soll den Menschen, oder mehr den Zauber/innen, den Gebrauch des Eisenhutes gelehrt haben und es heisst, die Zauberin Medea (die auch als Priesterin der Hekate galt) habe ihn unter anderem für ihre Zaubertränke genutzt. Viele Völker der Antike glaubten, dass der Eisenhut aus dem Geifer des Höllenhundes Kerberos (er ist der Wächter der Tore zur griechischen Unterwelt ) entsprungen sei.
Laut Volksglaube sollte der Eisenhut nur an ganz bestimmten Tagen gesammelt werden. Dann, so wurde sich erzählt, sei die Wirkung weniger gefährlich (aber das ist wirklich nur Aberglaube!) .Und er wurde nur von jenen gesammelt und genutzt , die sich wirklich damit auskannten , wie den Kräuterfrauen/Hexen oder Druiden, Medizinmännern und -frauen. Sie haben durch ihn die Geister gerufen, um dann mit ihnen zu kommunizieren.
Im alten Volksglauben wurde der blaue Eisenhut gerne in der Nähe von Höfen und Stallungen gepflanzt, da er das Vieh vor Füchsen und Wölfen beschützen würde. Tatsächlich aber liegt hier vermutlich der Ursprung bei dem Zaubervolke und Heilern, die den Eisenhut auch zum Gestaltenwandeln genutzt haben.
Auch in einigen der oft beschriebenen Hexensalben war der Eisenhut enthalten. Dem Aberglauben nach würde die Hexe sich in ein Tier (meist Vogel, Wolf oder Katze) verwandeln, sobald sie sich mit dieser Salbe einrieb. Der Eisenhut bewirkt tatsächlich auf der Haut ein Gefühl von wachsenden Federn oder Fell. Aber bitte nicht nachmachen oder ausprobieren (höchste Vergiftungsgefahr)!!!!!!
Es gibt aber noch viele weniger gefährliche, ungiftige Kräuter und Pflanzen, die in Märchen, Sagen und Legenden erwähnt werden . Und auch sie haben Zaubermächte.
Der Tüpfelfarn (Polypodium) ist so eine Pflanze . Um sie rankt sich allerlei Geheimnisvolles…
Den Legenden und Aberglauben nach läßt der Tüpfelfarn seine Samen nur in der Johannisnacht fallen, wo sie dann wie feuriger Goldregen schimmern und sich fast sofort in nichts auflöst. Wer zur rechten Zeit an Ort und Stelle ist, kann dies nicht nur beobachten, er kann sie auch sammeln und bei sich tragen; was großes Glück verspricht, denn ihm werden alle Wünsche erfüllt. Daher wurde er im Mittelalter auch Wünschelsame genannt. Wer mit den Samen in der Tasche eine Reise macht, wird alle Schätze dieser Erde finden. Wer sich das blühende Kraut über die Haustür hängt, zu dem kommt das Glück. Am bekanntesten ist aber der Glaube, dass er unsichtbar machen kann, sobald man ihn in der Tasche, am Leib, oder auch in den Schuhen trägt.
Zum Sammeln des Samens soll eine geweihte Decke oder ein Tuch in der Johannisnacht unter das Farnkraut auslegt werden und er muss dann auch bis Sonnenaufgang stillschweigend aufgesammelt werden. Meistens gelang das Sammeln aber nur mit Hilfe der Pflanzen- und Naturgeister. (die im Laufe der späteren Christanisierung dann natürlich zu Dämonen des Teufels wurden)
Die Farnwurzel (auch Johanniswurzel genannt) hat ebenfalls Zauberkräfte. Sie soll, genau wie die Pflanze selbst, vor bösem Zauber schützen, wenn man sie bspw. am Fenster oder an einer Haustür aufhängt. Auch an Bäumen, die direkt vor dem Haus stehen, schützen diese Wurzeln vor Schadensmagie. Wenn man die Wurzel 3 Tage vor Neumondin unter der Schwelle des Hauses vergräbt, so kann sie Krankheiten abhalten…. auch vor Gewitter wirkte sie beschützend.
Die Farnwurzel wurde im alten Volkslegenden auch Irrwurzel genannt, denn wer über eine solche Wurzel hinwegschreitet oder gar darauf tritt, der wird sich im Wald verirren und hilflos umherirren. Gebrochen wurde dieser Zauber nur durch das Antreffen eines Menschen oder bis die Sonne aufgeht…
Man könnte mit Geschichten über zauberkräftigen Pflanzen in Sagen und Legenden ganze Bücher füllen, doch möchte ich hier aber nun vorläufig abschliessen.
Im Strom der Zeit, durch den die weisen Frauen ,Hagazussas (Hexen), Kräuterfrauen, Druiden und Schamanen die Menschen mit der Hilfe ihrer Zauberkräuter führten, glaubten sie zahlreichen Mächten, wie Gottheiten, Erd – Luft oder Waldgeistern zu begegnen, Verwandlungen durchzumachen und sie erkannten damit letztendlich das eignene, tiefste Innere.
Und so sind die Legenden ,Sagen und Märchen oftmals nichts anderes, als jene Geschichten der Wissenden und der Reisenden, wenn auch in veränderter, abgeschwächter und verschlüsselter Form.
Fortsetzung wird folgen……
Quellen+ Hinweise:
Dem Volksaberglauben
Der Magie der verbotenen Märchen/ v. S. Golowin
*Kraeuterverzeichnis.de-weißwurz
**botanikus.de/Botanik3/Ordnung/Eisenhut/eisenhut.html
# Mir ist diese Göttin Eysen gänzlich unbekannt und habe leider auch nichts über jene Göttin gefunden. Ich könnte mir aber sehr gut vorstellen das hier die Göttin Isis selbst gemeint ist .
Fotos:1&2
Stechapfel (Datura stramonium) und Kräuter (c) hexenworte
Fotos:3-6
Shapeshifter by Bonegoddess Art
Tüpfelfarn von Carl Axel Magnus Lindman –
«Bilder ur Nordens Flora» Stockholm.
Pinterest / (c) by Dr. Fred Weidmann
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Danke für den tollen Artikel. Habe dadurch wieder mehr Kräuterwissen erlangt.
Sofia
Hat dies auf Alte Magie rebloggt.
Danke, endlich mal etwas, was man noch nicht weiß. Wenn ich Artikel lese, was man mit Petersilie macht, z.b. auf Kartoffeln, denke ich immer, lernen denn die Kinder gar nichts mehr. Aber hier war einiges, was ich noch nicht wusste
Moment… muss ich jetzt einem Blog folgen?
Folgen impliziert bei mir einige sehr negative assoziationen
Müssen muß Frau gar nichts…
Ist denn Rebloggen erlaubt? Weil sonst wäre der Button ja unsinnig 😉
Ja klar…dafür ist der Button auch gedacht 😉
Dankeschön 😉
Hat dies auf athurablog rebloggt und kommentierte:
Dankeschön Steffi 😉