hexenworte

Traditionen, Geschichten und Wissen eines alten Weges

Eine kleine Geschichte


Es gab  vor langer  Zeit,  eine junge Frau, die nicht irgendeine junge Frau war, wie  es so viele gibt, denn seit ihrer Geburt hatte sie etwas ganz Besonderes an sich. Ihre Seele und ihr Herz waren immer offen für die unerklärlichen Dinge dieser Welt. Sie sah alles mit klaren Augen und nahm nichts als selbstverständlich hin. Und vor allem liebte sie  Geschichten und Legenden über die  magische Welt der Feen und Waldgeister, über die Magie von Mutter  Natur und die Geschichten über die große Göttin, die ihr ihre Großmutter so gerne erzählte.

Bereits als Kind nahm sie Stimmen und Gestalten wahr, die  ihre Mitmenschen weder sehen, noch hören konnten, oder vielleicht einfach nicht wollten. Oft sah sie als  ganz kleines Mädchen  die verschiedensten Wesen auf der Wiese hinter ihrem Elternhaus springen und tanzen, besonders an Mittsommernacht; wie sie ihr fröhlich zuwinkten und lachend durch die Wiesen in den angrenzenden Wald davon zogen. Sie sah Geistertiere und Drachen, die zu bestimmten Nachtzeiten durch ihre Zimmertür schauten. Doch Angst  vor ihnen hatte sie nie.

In den lauen Sommernächten der Mittsommerzeit  hörte sie durch ihr offenes Zimmerfenster die lieblichen Gesänge heller  Stimmen, so lieblich wie  der der Nachtigall  . Und oft träumte sie davon, einmal in diese Welt zu reisen und dort  vielleicht die  Magie zu erlernen.

Doch wann immer sie ihren  Eltern, Geschwistern oder Freunden davon erzählte,  fingen diese an zu lachen und verspotteten sie wegen ihrer  blühenden Fantasie.

Aber  das Mädchen wusste  tief in ihrem Herzen, dass diese Wesen und die  herrlich singenden Stimmen Wirklichkeit waren…

So vergingen die  Kinderjahre  und sie  wuchs zu einer hübschen und klugen jungen  Frau heran. Eines Morgens , die Sonne war gerade aufgegangen und schickte ihre ersten goldenen Strahlen über den blauen Himmel in die noch schlafende Welt,  lag die junge Frau noch ganz verschlafen und verträumt  in ihrem Bett und  lauschte dem  ersten  Gesang der Vögel . Sie  fühlte,  dass sich etwas in ihr  änderte, eine nie zuvor gefühlte Wärme und Kraft begann, ihren Körper und ihren Geist zu erfüllen. Angefangen von den Füssen bis tief in ihr Herz. Dann  plötzlich und wie aus heiterem Himmel sprach eine Stimme  zu ihr. Sie schaute sich erschrocken in ihrem Zimmer um und schaute auch durch das offene Fenster, in dem Glauben, da erlaube sich einer ihrer Geschwister vielleicht einen Scherz mit ihr.   Doch sie stellte fest, dass diese Stimme zu niemandem gehörte den sie kannte, oder den sie sehen konnte. Denn offenbar war diese Stimme nur in ihrem Kopf… Und doch hatte sie nichts Beängstigendes für sie, sondern eher etwas Warmes und Mütterliches. Und die Stimme sagte zu ihr; „Tochter höre , deine Zeit ist nun gekommen. Denn du bist auserwählt, weil du  etwas ganz besonderes bist. Du bist meine Tochter und die Hüterin eines  alten Weges von  sehr altem Wissen. Ein Weg, der schon lange von den meisten  Menschen vergessen wurde. Doch du und dein Herz fühlen das, wovon andere Menschen nichts mehr wissen wollen.  Darum begebe dich also auf  den einen Weg, der in den dichten Wald  führt   und  gehe zu der alten Frau, die dort im Wald seit vielen Jahrzehnten wohnt. Gib dich in ihre weisen Hände und lerne alles, was sie dir beibringen wird.“

Die junge Frau dachte erst, sie träumte und wusste gar nicht recht,  was sie tun sollte . Aber diese  sanfte und doch hartnäckige  Stimme ließ ihr keine Ruhe und sprach noch einmal zu ihr: „Höre meine Tochter; du bist etwas Besonderes, du bist meine Tochter und die Hüterin eines sehr alten Weges. Ein Weg, der schon lange von den Menschen vergessen wurde. Doch du und dein Herz glauben an  Magie.  Darum begebe dich  zu dem alten Weg, der in den dichten Wald führt und gehe zu der alten Frau, die dort schon seit  langem  wohnt. Gib dich in ihre weisen Hände und lerne alles, was sie dir beibringen wird.“

Natürlich wurde sie  neugierig, innerlich fühlte sie ja, dass diese Stimme keine Einbildung war. Sie wusste, dass sie sich gleich  auf diesen besagten Weg machen sollte. Also stand sie auf, wusch sich und kämmte ihr langes, dunkelbraunes Haar und band sich mit einem bunten Band  einen Knoten.  Dann packte sie etwas Kleidung ein, etwas zu essen und schnürte sich das Bündel dann auf den Rücken.

Sie schrieb ihrer Familie einen kleinen Abschiedsbrief und ging danach den Weg entlang, der hinter dem Haus ihrer Eltern lag und der geradewegs in den großen Wald führte.  Der Wald war ihr vertraut, schon sehr oft war sie hier gewesen, entweder mit Mutter und Schwester, oder oft auch allein, um mit „ihren Freunden „ zu reden, den Waldgeistern und Tieren.

Groß und mächtig waren die Eichen und Buchen, die ihren Weg säumten, alles roch nach Moos, Harzen und feuchter Erde. Das Licht schimmerte in einem sanften Grün und es war eine Wohltat für ihre Augen.

Nach einer ganzen Weile des  Weges hörte sie das Gurgeln der  kleinen  Quelle im Wald, die sie schon so lange kannte . Zu der ging die junge Frau nun, da  sie sehr durstig war. Aber sie trank nicht einfach, sondern sie legte vorher eine kleine Gabe an die Quelle, für die Nymphen und Wassergeister. Es war ein kleines Geschenk in Form eines Blütenkranzes, den sie selber geflochten hatte. Das liebten die kleinen Wassernymphen  und auch die  Göttin der Quellen.

Nachdem sie ihren Durst gestillt hatte, wanderte sie den Weg weiter entlang und  lauschte dabei  den Vögeln, die fröhlich zwitscherten und beobachtete das Rotwild, das ihr neugierig  zwischen den Bäumen hindurch nachschaute. Zwischendurch hielt sie ab und zu an, um auszuruhen und ein paar Beeren, die am Rand des Weges wuchsen, zu essen. Entlang der dornigen Hecken und Büsche wuchsen Brombeeren, die saftig und reif an den  Zweigen hingen und nur darauf warteten, gepflückt zu werden. Die saftigen süßen  Beeren waren ein Genuss. Auch Himbeeren und Walderdbeeren fand sie und aß ein paar von jeder Sorte. Sie bedankte sich artig bei Mutter Natur und sammelte von jeder Beerensorte  noch  etwas und wickelte sie  in ein Stofftuch, um sie der alten Frau  mitzubringen. Nachdem sie ihren Hunger gestillt hatte, wanderte  sie beschwingt weiter…

Die Sonne schien hoch am Himmel und schickte ihre goldenen Strahlen durch das dichte Blätterdach des Waldes,  sie wärmten die junge Frau und leuchteten ihr den Weg.  Immer wieder blieb sie stehen, denn es gab so viel zu sehen. Und je tiefer sie in den Wald hinein ging, um so mehr Tiere  konnte sie beobachten.  In einer Senke sah sie  eine Wildschweinfamilie mit ihren Frischlingen und  weiter in den Büschen saß  eine Hasenfamilie, die  mit aufgestellten Ohren, aufrecht sitzend, in ihre Richtung lauschte. Dann  hörte sie einen Specht fleißig am Holz eines  Baumes hämmern. Und eine Drossel schmetterte aus voller Brust ihr schönstes Lied.

So verging der Tag wie im Flug und  es wurde Nachmittag, als sie  immer weiter und tiefer  in den mittlerweile dichten  Wald kam. Als sie schon  dachte, sie hätte sich vielleicht verlaufen, erschien wie von Zauberhand das kleine, blitzsaubere Holzhäuschen der  Waldfrau. Alles war wundervoll  zurecht gemacht, der Garten war voll blühender Blumen,  eine wahre Pracht, so bunt und schön . Von Rosen über Mageritten, Stockrosen , bis hin zu Malven, Mohnblumen und vielen Kräutern sprießte und grünte alles. Ach, sie konnte sich gar nicht satt sehen an  all dieser Pracht der Blumen und der Kräuter. Und es roch  herrlich nach Rosen und Kamille, nach Rosmarin und Lavendel, nach Dill und Dost.  Auch das Häuschen selber war von grünem Efeu umgeben. Prächtig gedeihende Haselbüsche standen links und rechts an der Hauswand und ein  mächtiger Holunder bewachte den Garten und das kleine Häuschen.  Die junge Frau zwang sich  zum Weitergehen, da sie es für unhöflich hielt, so lange im Garten herum zu stehen und die alte Dame im Haus warten zu lassen, die sie ja vielleicht schon bemerkt hatte. Also ging sie langsam auf die Veranda zu, wo mehrere verschiedenfarbige und -gemusterte Katzen herumlagen und ihr Schläfchen hielten.

Bevor sie an die alte Holztür klopfte, strich sie sich noch einmal schnell über ihr Haar, das vom Sammeln der Beeren im Wald ganz zerzaust war und rückte ihr Kleid zurecht. Dann holte sie das Tuch mit den  saftigen Waldbeeren heraus  und pochte, mit leicht klopfendem Herzen an die alte Haustür. Was würde sie erwarten? Wer war diese alte Dame und ob sie  nett war? Oder eher mürrisch? Vielleicht war sie ja  einsilbig geworden, durch all die Jahre allein im Wald?

Und dann öffnete sich leise knarrend die alte Haustür.

Die alte Dame schaute blinzelnd  und freundlich lächelnd aus dem Türspalt, so als würde sie die aufgeregte, junge Frau vor ihrer Tür bereits erwarten. Sie hatte ein weißes Tuch um ihr graues Haar, das zu einen Knoten gebändigt war, gebunden. Und sie trug ein geblümtes, langes Kleid, vor das eine frisch gestärkte  Schürze gebunden war. Mit einer  herzlichen, einladenden Geste bat sie die junge Frau in ihr Haus und als diese eintrat, wurde sie  eingehüllt  von einem herrlichen Duft, denn es roch nach Tee und frischgebackenem Kuchen. Da merkte sie erst, was für einen Hunger sie bereits hatte.

„Da bist du ja ! Komm nur herein mein Kind, ich habe dich schon  erwartet und ich habe Kuchen und Tee gemacht .. Die alte Dame nahm lächelnd die Beeren an, die ihr die junge Frau sprachlos hinhielt.

Die alte Dame lachte  nun etwas lauter und fragte: „Liebes Kind, hast du die Sprache  unterwegs verloren ? Oder ist dir etwa  einer der Waldschrate begegnet?“

„Nein“, entgegnete die junge Frau nun  leicht verlegen, aber auch lachend. „Nein, gute Frau, ich bin keinem der Waldschrate begegnet, aber dafür vielen Waldbewohnern unnd es war wunderschön den Weg hierher zu gehen. Und  der Anblick eures Gartens, der ist so bezaubernd schön, dass ich noch ganz benommen bin.“

Doch warum die junge Frau  wirklich so verblüfft und verlegen war , sagte sie der alten Dame nicht. Das behielt sie lieber für sich, denn sie konnte es selber kaum glauben und war sich anfangs auch nicht sicher. Doch dann blickte  sie der alten Dame   in  die Augen, die in den schönsten Farben schimmerten.  Grün wie die saftigsten  Wiesen , Blau wie  der Himmel und das tiefe Wasser, Braun wie die fruchtbare  Erde auf der alles wächst.

Da wusste die junge Frau, dass sie sich nicht geirrt hatte. Nun war sie sich ganz sicher.

Die Stimme, die die junge Frau am Morgen in ihrem Bett noch gehört hatte und die ihr sagte sie solle sich auf den Weg machen und  die Stimme der  alten  Dame  waren ein und dieselbe !  Es war  auch dieselbe  Stimme der Quellengöttin aus dem Wald!

Ja ! es war die Stimme der großen Göttin!

Und dann sagte die alte Dame leise; „Glaube nur, was du siehst und hörst liebes Kind… Fürchte dich nicht, sondern öffne dein Herz und lasse es geschehen!“

Die Göttin selbst hatte ihre Tochter zu sich gerufen, um ihr den alten Pfad zu zeigen und um ihr all das alte Wissen zu lehren; auf das sie es weitertrage und damit es niemals verloren ginge.

ENDE

Foto& Text : (c)Hexenworte

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