„Belisa du Betöhrende,
durch das Schlangentor bin ich dir gefolgt,
am Gestade des goldenen Landes.
Erschrocken ob der Götter alle, die sich mir da zeigten,
erschrocken mehr noch ob der eigenen Göttlichkeit,
flüchte ich zurück an das dieseitige Ufer.
Segne mich nun Göttin,
mit wahren Worten lasse mich nun von dir künden.“
(W.D. Storl, Götterpflanze Bilsenkraut, Nachtschattenverlag/2000)
Das Bilsenkraut (Hyogamus niger), auch als Hexenkraut bezeichnet, gehört zu der Familie der Nachtschattengewächse (Solanaceae) und ist wie alle aus dieser Familie giftig!20-80 cm hohes, einjähriges Kraut mit buchtig gezähnten, länglichen, behaarten Blättern. Die Blüten sind schmutzig-gelb und mit violetten Adern durchsetzt. Blütezeit ist zwischen Juni und September. Die Samenkörner sind sehr klein und dunkelbraun bis schwarz.
Sie ist wahrscheinlich ein Archäophyt, also eine Pflanze, die in vorgeschichtlicher Zeit nach Mitteleuropa eingewandert ist. Sie kam mit den matrifokalen Bauern, die nicht mehr nur umherstreifende Jäger und Sammler waren.***
Es wird auch Pilsnerkraut, Dulle, Dille, Saukraut, Schlafkraut,Teufelsaugen genannt Es gibt wohl an die 200! mundartliche Benennungen . Und der Name Bilsen geht wahrscheinlich bis auf die keltischen Wurzeln zurück.
Bilisa oder Belenuntia nannten die Gallier die Pflanze. Sie war für sie die pflanzliche Verkörperung des Sonnengottes Bel oder Belenos.
Das Bilsenkraut war Bel/Belenos geweiht , genauso wie Keridwen/Ceridwen der Göttin mit ihrem Kessel der Transformation .
Der keltische Name Bilisa der Pflanze verbreitete sich durch das ganze, frühe, heidnische Nordeuropa von den Skandinaviern bis zu den Griechen und hin zu den Römern, die dieses Kraut allerdings nicht Bilisa nannten sondern möglicherweise Appolinaris, nach dem Sonnengott Apollo .
„Für unsere heidnischen Vorfahren, für die weisen Frauen und Schamanen, war das Bilsenkraut jedoch ein Schlüssel zum Tor in die Anderswelt. Die im richtigen Umgang Unterwiesenen konnten damit das Totenreich besuchen, die Göttersphären oder auch die Elementarwelt. Es war – wie wir gleich sehen werden – die Zauberdroge, die es ermöglichte, hinter der äußeren Erscheinungswelt im Bereich der Ursachen zu agieren, es war Flugkraut und Liebesmittel. Der trockene Rachen, verschwommenes Sehvermögen, heiße, trockene Haut – alles Zeichen der Aktivierung des sympathetischen Nervensystems – wurden in Kauf genommen, um sich mit seiner Hilfe in Tiere zu verwandeln, durch die Lüfte zu fliegen und die Innenseite der Welt zu erkunden (STORL 1993:304).“***
Besonders durch Shakespeares Hamlet gewann es an literarisch an Publizität:
Da ich im Garten schlief
Wie immer meine Sitte nachmittags,
Beschlich dein Oheim meine sich’re Stunde
Mit Saft verfluchten Bilsenkrauts im Fläschchen,
Und träufelt’ in den Eingang meines Ohrs
Das schwärende Getränk; wovon die Wirkung
So mit des Menschen Blut in Feindschaft steht,
Daß es durch die natürlichen Kanäle
Des Körpers hurtig wie Quecksilver läuft
Und wie ein saures Lab, in Milch getropft,
Mit plötzlicher Gewalt gerinnen macht
Das leichte reine Blut …
So ward ich schlafend und durch Bruderhand
Um Leben, Krone, Weib mit eins gebracht …
(»Hamlet«, 5. Szene)***
In der Antike war das Bilsenkraut dem Sonnengott Apollo geweiht und deren Priesterin soll mit Hilfe von Bilsenkrautsamen orakelt haben. Entweder hat sie sie gegessen oder deren Dämpfe eingeatmet. Neben den Dämpfen, die aus einer offenen Erdspalte in mitten des Tempels kamen und die vermutlich größtenteils aus Methan,Ethan und Ethylen bestanden (die in geringen Mengen leicht euphorisiererend und in größeren Mengen narkotisierend wirkt) … als das Orakel von Delphi bekannt, wurden dann zusätzlich die oben erwähnten Bilsenkrautdämpfe eingeatmet und auch vermutlich Lorbeerblätter gekaut, um hellseherische Fähigkeiten zu erlangen.
Das schwarze Bilsenkraut wurde im Griechenland der Antike wegen seiner schmutzig anmutenden Blüten und seinen schwarzen, ölhaltigen Samen auch dämonische Eigenschaften zugesprochen, es war Hades, dem Wächter der Unterwelt, sowie der Göttin Hekate, die als Giftmischerin und Hexengöttin bekannt war, zugeordnet. Das schwarze Bilsenkraut galt auch schon seit der Antike als Zauberkraut.
Bilsenkraut wurde auch Saubohne genannt, das entspricht der griechischen Bezeichnung Hyosgyamos. Die Ärzte der Antike glauben, dass Säue nach dem Verzehr von Bilsenkraut Krämpfe bekommen würden. Und in Homers Odyssee wurden die Gefährten des Odysseus von der Zauberin Circe in Schweine verwandelt, in dem sie in das Mahl der Seeleute wahrscheinlich Bilsenkraut gegeben hatte. Auch war es der großen Göttin Deo-Demeter/-Persephone geweiht, deren heiliges Tier war die Sau, das Mutterschwein! ****
Aber auch als Heilmittel war Bilsenkraut seit der Antike bekannt und wurde schon von Dioskurides und Plinius genutzt .
Dioskurides beschreibt bereits die Wirkung von Hyoscyamus, nach deren Einnahme Lethargie und Wahnsinn auftreten. Er beobachtete aber auch die schmerzstillende Wirkung der Blätter, wenn man sie frisch auflegt. Dioskurides unterschied hierbei zwischen den verschiedenen Arten des Bilsenkrautes, das helle oder weiße Bilsenkraut ,welche er zu Heilzwecken nutzte . Nach Plinius soll man den Rauch der getrockneten Pflanze bei Zahnschmerzen einatmen.
Im Mittelalter und der frühen Neuzeit war das Bilsenkraut vor allem als Hexenpflanze und Zauberkraut , für das Orakeln und Liebeszauber bekannt . Das Bilsenkraut und andere sogenannte Hexenpflanzen , wie Stechapfel , Tollkirsche, Alraune und andere wurden zB. als Salben genutzt, die dann auf bestimmte Teile des Körpers gerieben wurden, um in einen Rauschzustand zu kommen. Dieser gab demjenigen das Gefühl zu fliegen, oder sich in ein Tier wie zB. einenV ogel oder ähnliches zu verwandeln. So kam allmählich der Glaube auf, dass Hexen ( männlich wie weibliche Hexen) mit Hilfe dieser Salben zum Sabbat fliegen würden.
Ein anderer Aberglaube war, dass man sich zur mitternächtlichen Stunde zu bestimmten Wochentagen, wie Freitag (ein typischer Hexentag) oder zu Vollmondzeiten mit so eine Salbe einreiben müsse und sich dann unter dem Kaminschacht des Herdes legen sollte. Dann würde sich der Teufel in Gestalt einer schwarzen Katze zeigen und denjenigen mit zum Sabbat auf den Brocken nehmen, indem sie durch den Kamin auf Ofengabeln , Besen oder einem schwarzen Bock, der ja ebenfalls der Teufel sein könnte, fliegen würden. ( Das Buch des Aberglaubens im Mittalter , s.128)
Die Druiden in früher Zeit nutzten Bilsenkraut nicht nur in schamanischer Weise, um sich mit den Ahnen und Geistern zu verbinden, es diente auch dazu, Kontakt mit den Wind- und Wolkengeistern aufzunehmen um bspw. Regenzauber zu betreiben.
Dieser Art des Wetterzaubers wurde noch bis in 11. Jahrhundert genutzt – bei anhaltender Dürre wurde u.a. Bilsenkraut zum beschwören von Regen genommen. Dazu wurde aus einer Gruppe junger(+jungfräulicher) Mädchen eines auserwählt und musste sich splitternackt ausziehen. Es musste dann mit dem kleinen Finger der rechten Hand das Bilsenkraut samt Wurzel aus dem Boden reißen und die ganze Pflanze dann an den die Zehe (welche genau ist nicht überliefert) des rechten Fusses binden. Nun wurde das Mädchen von den übrigen aus der Gruppe der Mädchen zu einem Fluss geführt und sie besprengten es mit Wasser von Bilsenkrautruten, die sie in den Fluss tauchten. Dann sprachen alle Zaubergesänge dazu, woraufhin das Mädchen rückwärts im Gang nach Krebsart zum Dorfe zurückkehren musste.
Eine andere Art von Wetterzauber wurde praktiziert, wenn ein großes Gewitter aufzog. Dann gingen die weisen Kräuterweiber los und räucherten mit Johanniskraut und Bilsenkraut, um den Hof und Haus und Feld mit dem lebenswichtigen Getreide vor Blitzschlag oder Hagel zu schützen. Dabei sprachen sie vermutlich folg. Zauberreime;
„Hartheu und Dill,
macht das Gewitter still! „*
(‚wobei Hartheu der alte Name des Johanniskrautes ist und Dill wie oben erwähnt, Bilsenkraut).
Lange Zeit, zauberten die Frauen mit dem Bilsenkraut. Wenn in alten Zaubersprüchen von Dill die Rede ist, dann ist nicht das Gewürzkraut gemeint sondern mehr das als “ Tolle Dill oder Dolldill“ bekannte Bilsenkraut. Wenn die Braut in der Ehe das Sagen haben wollte, dann sprach sie heimlich und leise während der Trauungszeremonie ;
„ich habe Senf und Dille,
Mann, wenn ich rede schweigst du stille!“*
Wenn man zu Gericht gehen sollte, steckte man Bilsenkraut zusammen mit Haberstroh in die Schuhe und sprach;
„Vor Habertsroh (Haferstroh) und Dille
da schweigen die (Gerichts)Herren stille“*
Aber auch in der mittelalterlichen Heilkunde ersetzte das Bilsenkraut das Chloroform bei Operationen. Die Anwendung im medizinischen Bereich blieb aber eingeschränkt. Mit den Vergiftungssymptomen bei Tieren und Menschen wurde man häufig konfrontiert… und wenn sie nicht schnell tödlich endeten, hinterliessen sie bei den bei Überleben nachhaltige Wirkungen, wie Gedächtnisverlust und völlige Persönlichkeitsverfremdungen. Bilsenkraut wurde in der Volksheilkunde als narkotisch und halluzinogen wirkende Pflanze, als krampflösendes Mittel und als Räuchermittel bei Asthma eingesetzt. Die Blätter und auch die dosierbaren Samen des Bilsenkrautes werden/wurden wegen ihres berauschenden Effekts geraucht.
Extrakte des Bilsenkrauts wurden auch zur Herstellung von Laudanum (Opiumtinktur, die vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert auch als Laudanum oder Meconium bezeichnet wurde) verwendet.*****
Diese Pflanzen sind Lehrer – unverhohlen und gnadenlos. Sie können aphrodisische Wonnen in den Genießenden zaubern oder höllische Schrecken in ihnen heraufbeschwören. Sie sind Pflanzen der Schamanen, Seherinnen und Zauberer. Man sollte ihnen immer mit Respekt begegnen.
Die heilige Pflanze des Belenos
und der Blumengöttin
Ich meditiere das herrliche Licht des Sonnengottes
Möge er unseren Geist erleuchten,
(uns zur richtigen Tat zur rechten Zeit inspirieren)
(aus dem Gayatri-Mantra; Rigveda 3,62)**
Vergiftungssymptome: Hautrötung, trockener Mund, Unruhe, Schläfrigkeit oder Halluzinationen, Verwirrtheit, Pupillenerweiterung, Herzrhythmusstörungen und komatöse Zustände, Bewusstlosigkeit und Tod durch Atemlähmung. Die tödliche Dosis liegt bei Scopolamin bei 50 mg, niedrigere Dosen können jedoch bereits durch Atemlähmung den Tod herbeiführen. Es kommt aber hier immer auf das Körpergewicht und den gesundheitlichen Zustand an. Ein Kind wird sicherlich keine 50 mg verkraften und würde weitaus schneller eine tödliche Dosis bekommen .
Also bitte nicht einnehmen …. oder als Salatpflanze benutzen.
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Quellen:
* Pflanzen der Kelten /W:D:Storl/ ATverlag /2000
** nachtschatten/ebookshelf, Götterpflanze Bilsenkraut/ Vorwort Rätsch
***Götterpflanze Bilsenkraut/ W.D.Storl/Nachtschattenverlag 2000
****fakten-über.de
asawiki.de
Fotos; pinterest.com
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